Von geistigen Scharlatanen

Von geistigen Scharlatanen

Über „selbsternannte“ spirituelle Lehrer und eine Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit...

„Wenn du erkenntest, die Gabe Gottes und wer der ist, der zu dir sagt: Gib mir zu trinken, du bätest ihn, und er gäbe dir lebendiges Wasser.“

Auch wenn ich hier in diesem Eintrag primär über andere zu schreiben scheine, schließen diese Zeilen mich selbst natürlich niemals aus. Das, was ich beschreibe, passiert mir gewiss ebenfalls häufig und so sind diese Worte in gleichem Maße an mich selbst gerichtet, zur Erinnerung und Mahnung gereicht, denn Selbsterkenntnis ist die wichtigste Form auf jedem geistigen Weg.

„Wer von diesem Wasser trinkt, den wird wieder dürsten; wer aber von dem Wasser trinkt, das ich ihm gebe, den wird in Ewigkeit nicht dürsten, sondern das Wasser, das ich ihm geben werde, das wird in ihm eine Quelle des Wassers werden, das in das ewige Leben quillt.“

In meinen vielen Begegnungen mit jenen, die sich selbst berufen fühlen andere in geistiger, seelischer wie spiritueller Hinsicht anzuleiten, zu begleiten und zu führen, bin ich häufig auf etwas gestoßen, das mich nach erster Bewunderung und einem ernsten Interesse im Grunde dann doch wieder abstößt, weil es mich stutzig macht, wie teilweise egoistisch und unmenschlich diese Menschen sein können, fern eines vom erleuchteten Geiste erfüllten Sein.

Dies scheint zum einen mit der Tatsache einherzugehen, dass sie sich selbst an die erste Stelle aller Dinge stellen und nicht, wie tatsächliche spirituelle Meister an den Schluss. Zwar spürt man auch in religiösen Figuren eine gewisse Ungeduld im Zusammensein mit anderen, aber jene Menschen, die sich selbst als spirituelle Führer auserkoren fühlen, scheinen von dieser wenig nachsichtigen Art besonders befallen zu sein.

Dabei sind es doch:

„Glaube, Liebe und Hoffnung...“

Die, nach dem Propheten Paulus, die wichtigsten Aspekte spirituellen Lebens sind und die Quintessenz des christlichen Glaubens.

„Nun aber bleibt Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen.“

Obwohl dies die Essenz des Christentums ist, scheint mir diese auch für jedwede Art von Spiritualität zu gelten.

Und da ich ohne Zweifel diesem Ratschlag folgen kann, sowohl aus innerer Überzeugung als auch aus Erfahrung, fühlen sich gewisse andere, sogenannte Lehrmeister, eher als Scharlatane an:

„Unehrlich, egoistisch und wenig gütig!“

Denn ihr Umgang mit den Menschen ist nicht weniger grausam und unnachgiebig, als jener der anderen, „normalen“ Menschen, die nichts als die Welt erleben und dem Geiste fern scheinen.

Solche, vorgeblich spirituell beseelten, Menschen wissen für sich selbst, in energetischer Hinsicht, wer gut für sie ist und alles andere lehnen sie ab. In sich selbst keine schlechte Haltung, da man tatsächlich wissen sollte, wer einem wohltut und wer nicht, bei gleichzeitigem Verständnis und intelligentem Umgang mit der eigenen Zeit.

Im Hinblick auf ein Dasein als Lehrer für andere, kommt es mir jedoch seltsam vor und ich kann oftmals wenig Erleuchtung im Verhalten erkennen, was mich zutiefst verwundert zurücklässt.

Doch es ist nicht nur die Diskrepanz zwischen eigenem Anspruch und tatsächlicher Realität, die mich verstört, es sind auch die Reibungspunkte, die im Leben oft entstehen, Augenblicke, in denen man bewusst agieren sollte, um einen Unterschied im Miteinander zu gestalten. Aber auch hier ist wenig zu erkennen und das Verhalten erscheint oft grausamer als ein normaler Mensch es tun würde, bei denen man sich selbst wenigstens sagen könnte:

„Vater, vergib Ihnen, denn sie wissen nicht was sie tun!“, wie es ebenfalls in der Bibel heißt, in sieben von Christi letzten Worten am Kreuze.

Diese spirituellen Menschen sollten allerdings wissen was sie tun und eine solche Ausrede gilt für sie mitnichten.

Das Gegenteil ist der Fall!

Hier sind scheinbar Wissende, die jedoch auf eine Art und Weise handeln, die verwunderlich, ja häufig sogar bestürzend ist, während sie im gleichen Atemzug danach trachten, anderen das Licht auf dem Wege zu weisen, doch über die eigenen Füße stolpern, weil sie in sich selbst noch in der Dunkelheit wandeln und sich dessen nicht gewahr zu sein scheinen.

Natürlich hat das alles auch und vor allem mit der eigenen Wahrnehmung zu tun, einer gewissen Erwartungshaltung oder einem Anspruch an diese Menschen, denn einfach gesagt, sind gewisse Verhaltensweisen nicht das, was man von ihnen erwartet, besonders wenn es sich um Freunde oder Bekannte handelt.

Es ist seltsam, dass sie jedem Fremden wohlgesonnener sind, wenn es darum geht einen Guru zu spielen, doch jene, die ihnen näherstehen mit Nichtachtung behandeln und gekünstelten Worten gegenübertreten.

Für mich aber gilt, dass ich Fremde, wie Vertraute, in der derselbe Güte annehme und keinen Unterschied zwischen Freund und Feind mache, weshalb der Ausspruch, dass man nur gewissen Leuten gegenüber freundlich ist, nur bedingt einen Sinn für mich ergibt.

„Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und bittet für die, die euch verfolgen […].“, wie Christus in der Bergpredigt spricht.

Ein Mensch in der Welt wird es anders nicht vermögen, aber Spirituelle jeglicher Couleur sollten es besser wissen und simpel ausgedrückt, mit gutem Beispiel vorangehen.

Denn weiter heißt es:

„Denn er lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und lässt regnen über Gerechte und Ungerechte. 46 Denn wenn ihr liebt, die euch lieben, was werdet ihr für Lohn haben? Tun nicht dasselbe auch die Zöllner? 47 Und wenn ihr nur zu euren Brüdern freundlich seid, was tut ihr Besonderes? Tun nicht dasselbe auch die Heiden? 48 Darum sollt ihr vollkommen sein, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist.“

Wenn der Glaube oder jedweder Spiritualismus nicht bis ins eigene Leben hineinreicht und jeden Aspekt des Sein und Miteinander erfüllt, worin soll darin dann schon der Sinn liegen, da man im Zweifel, im Konflikt, in der Angst oder im Unbehagen doch nur wie alle anderen Menschen agiert, die es vielleicht nicht besser wissen.

Die Güte vorzugeben, da man sich selbst in einem günstigen Licht präsentieren oder die eigene Arbeit in den Vordergrund stellen möchte, erscheint leer und heuchlerisch. Vielleicht geht es sogar mehr als um einen selbst, als tatsächlich um die Sorge um Andere, was in sich allein nicht direkt falsch ist, nur in der Formulierung etwas anders gestaltet werden sollte!

Wahrhaft gläubige und beseelte Menschen sind wahrscheinlich stiller und tragen ihre Spiritualität nicht so sehr nach außen hin auf! Sie könnten Vorsicht walten lassen, wann und mit wem sie davon sprechen.

Gerade nicht Spirituelle fragen sich oft, worin der Sinn liegt, wenn Gläubige doch exakt dasselbe tun, wie andere auch. Und tatsächlich müssen sich jene einen hohen Anspruch gefallen lassen, der an sie gestellt wird.

Mir geht es ebenso, wie könnte es auch anders sein?!

Im Zweifel, und vor allem hier (!), und in entsprechenden Reibungspunkten müssen ein Unterschied im Miteinander, ein verändertes Verhalten und ein Hang zur Wahrheit, Liebe und Erwachen erkennbar sein.

Natürlich sind wir alle nur Menschen (!), die aus persönlichen Umständen heraus agieren, auch eigene Gedanken und Empfindungen spielen eine Rolle. Es reicht jedoch nicht aus nur Ahnungslosigkeit vorzugeben, gerade dann, wenn man andere belehren und anleiten möchte.

Auf der einen Seite die Mitmenschen durch Ignoranz, Unwillen. Schweigen und Verleumdung leiden zu lassen, doch in eigener Sache vor möglichen Folgenden ständig das Wort zu erheben, hat etwas Bitteres und Leeres.

Natürlich gilt dies für alle Diskrepanzen zwischen Wirklichkeit und Anspruch, wie Tugend, Güte und Ehrlichkeit.

Es scheint bedeutsam das zu tun, was man spricht und vor allem anderen lehren möchte.

Darin liegt die essenzielle Prägnanz, von der ich hier spreche und die ich hier anklingen lassen möchte.

„Nicht als absolute Worte, sondern als Gedankenanstoß an mich selbst (!) und andere, die sich angesprochen fühlen mögen.“

Als spirituelle Menschen jedweder Art müssen wir uns diesem Anspruch stellen, der wie eine Prüfung der Wahrheit scheint, die doch allem Trachten nach dem Geiste unterliegt.

R. Rehahn, 24.04.2024


Vom Glauben
»Und wenn du betest, sei nicht wie die Heuchler, denn sie lieben es, in den Synagogen und in den Ecken der Strasse stehend zu beten, damit sie gesehen werden von den Menschen. Wahrlich ich sage euch, dass sie ihren Lohn erhalten haben. Du aber, wenn du betest, geh hinein in