Von der Klarheit im Leiden
Über Wege aus dem Schmerze...
Der Augenblick bricht ohne Vorwarnung über uns herein, jegliche Gegenwehr oder jedwede Art vom Schutz bleiben uns verwehrt und unmöglich zu erreichen.
Die Brutalität des ersten Schocks, die messerscharfen Ängste und die endlose Ohnmacht, vermischen sich in bitterste Verzweiflung, über die wir keine Kontrolle mehr haben. Drohend sind von Abgründen wir umgeben, dem unaufhaltsamen Falle können wir uns nicht entziehen.
Wenn uns dann auch ein klärendes Gespräch verwehrt bleibt und sich die Gegenseite jeglicher Verantwortung entzieht oder die Umstände es unmöglich machen, rückt die lindernde Heilung in weite Ferne und die Empfindungen des Verloren sein führen uns in eine schmerzhafte Irre, welche die Wunden, einer Flucht durch ein Dornengestrüpp gleich, immer wieder erneut aufreißen.
Die notwendige, obgleich oft bittere, Wahrheit bleibt uns verwehrt.
Ein Abschluss, eine Heilung und eine Wiederaufnahme des eigenen Weges werden so nahezu unmöglich gemacht und das Leiden endlos verlängert.
Das klärende Gespräch
Natürlich ist dies der allererste und notwendigste Schritt, wenn er denn möglich ist und einem nicht verwehrt bleibt.
Wenngleich wir uns gewahr darüber sein sollten, dass auch diese Sache nicht ohne Schmerz oder Leiden vollzogen werden kann, weil die Wahrheit oftmals aus heiterem Himmel erscheint oder wir in keiner Weise dazu bereit sind, uns zu verabschieden oder einen für uns erzwungenen Weg zu gehen.
Die dadurch gewonnene Klarheit ist bedeutsamer als alles andere, ein Abschluss wird möglich und innerlich werden wir darauf vorbereitet, das anzunehmen, was wir hier in Erfahrung bringen.
Selbstverständlich besteht in einem Gespräch auch die Möglichkeit einer Heilung und Abwendung gewisser Schicksale.
Ein Gespräch ist immer ein Anfang des Weges...
Nicht mehr reden zu können, zu wollen oder zu verwehren ist das Ende aller Dinge. Und deshalb sollten wir in jedem Fall diese Chance geben, nutzen und offenhalten, so wie es jeder Mensch tun sollte.
Denn die Grausamkeit ein Gespräch zu verwehren ist endlos.
Es mag Situationen geben, in denen ein solches nicht mehr möglich ist, aber das sind oft Extremfälle.
Das Angebot sollte in jedem Fall bestehen, alles andere ist zutiefst unmenschlich und grausam. Man spricht der Gegenseite jegliche Menschlichkeit ab und lässt den anderen in einer Ungewissheit voller Fragen stürzen.
In jüngster Zeit wird diese Art sogar als emotionaler Missbrauch eingestuft und das völlig zurecht. Es ist ein eigenes Thema und sollte an anderer Stelle noch einmal vertieft und dargelegt werden.
Unbedingt zu vermeiden
Obwohl dies natürlich eine Sache ist, die völlig individuell gehandhabt werden sollte, zumal je nach Vorgeschichte, Traumata, Ängste und andere Faktoren auch noch spezifische Aspekte eine Rolle spielen und mit denen aus der Erfahrung heraus entsprechend umgegangen wird, gibt es noch Verhaltensweisen, in die man nicht verfallen sollte, obwohl diese am allerschwersten zu vermeiden sind, weil sie aus der Natur des Schmerzes heraus entstehen.
Es kann leicht auf einen Nenner gebracht werden: Obsessionen und hier ganz besonders obsessives Verhalten jeglicher Art.
Diese erzeugen ein inneres Ungleichgewicht, welches einen, wenn es weiter ins Negative kippt, in die Tiefe reißen kann, in noch tiefere Abgründe und die Wunden um ein Vielfaches schmerzhafter gestalten, ja eine Heilung unmöglich machen und zudem in eine gefährliche Lage bringen können.
Man schwächt sich selbst, entzieht sich alle Kraft und Energie und verliert jedwede Selbstachtung.
Ein gesunder Wunsch nach Klärung in einem Gespräch, einem Telefonat oder letzten Treffen ist völlig nachvollziehbar und natürlich.
Jegliche Versuche dies zu erzwingen, erreichen nur das Gegenteil der Wünsche und Hoffnungen in einem selbst und verschlimmern zudem wahrscheinlich die Ablehnung im anderen Menschen, bis hin zum Hass und auch zur Angst.
Es ist ein komplexer Balanceakt:
Zum einen möchten die Bedürfnisse nach Klärung und Abschluss erhört werden, damit hinterher keine Gefühle von Unsicherheit, Reue und Verzweiflung aufkommen, im Sinne von man hat nicht genug getan, zumal die Hoffnung bekanntlich zuletzt aufgegeben wird und der Glaube nach Rettung erst recht.
Andererseits darf man sich wie gesagt auch nicht in Obsessionen flüchten, die zu einem Pfad folgen, von dem es nur eine schwere oder oftmals sogar keine Rückkehr gibt.
Im Grunde ist es recht einfach:
Alles, was gesund, klar und natürlich ist, scheint völlig in Ordnung zu sein.
Das, was unnatürlich, erzwungen, obsessiv und aggressiv ist, sollte vermieden werden.
Ein Gefühl alles Mögliche getan zu haben, ist sicher wichtig, nur darf es niemals in Übertreibung ausarten.
Die instinktive Reaktion
Zuallererst sollten wir tatsächlich auf die Instinkte in uns vertrauen, die uns allerlei Möglichkeiten und Auswege offenbaren, um etwas Distanz vom Schmerz zu finden.
Auch wenn vieles eher einer Flucht gleicht oder einer Art notdürftigen Bandage einer extremeren Wunde, können wir diese Möglichkeiten ausschöpfen, wenn wir uns darüber bewusst sind, dass unser Leiden weiterhin existiert und all die Ablenkungen nichts weiter als das sind, Ablenkungen, um der Wirklichkeit zu entfliehen und unseren Fokus auf etwas anderes zu lenken.
Es heißt oft, dass wir den Schmerz voll erleben müssen, um ihn vollends verarbeiten zu können, aber das ist etwas das niemals für alle Menschen gleichzeitig gelten kann, weil jeder den Schmerz anders empfindet.
Ich glaube nicht, dass es da eine allgemein gültige Regel geben kann, und ich denke es ist auch nicht nötig.
Alles Positive was in Augenblicken des Leides hilft ist in Ordnung, scheint mir, etwas das einem eher Energie gibt oder die Aufmerksamkeit auf etwas anderes lenkt, wie bereits oben besprochen, und wie zu einer solchen Zeit oft unbedingt notwendig.
Oft gibt es Impulse in einem selbst und denen kann man tatsächlich vertrauen, weil sie den Schmerz nicht verstecken, aber auch nicht vertiefen und das ist wohl das Allerwichtigste in einem solchen Moment.
Mit etwas Abstand findet man vielleicht doch die Kraft ein Gespräch zu suchen oder ganz von allem abzulassen.
Und nicht ohne die Bitte um mehr Güte im Abschied möchte ich diesen Eintrag schließen, denn es gibt einen klaren Unterschied zwischen Grausamkeit und Empathie, sofern es möglich ist natürlich, was nicht immer der Fall ist. Allerdings kann dies oft auch als Rechtfertigung genommen werden, sich vor einer Auseinandersetzung zu drücken.
Im Anfang gab es doch auch eine BEGRÜßUNG. Warum also soll es im Abschied kein LEBEWOHL geben können!? Ist dies wirklich zu viel verlangt?
In diesem Sinne, seien sie wachsam, gütig und mitfühlend zueinander...
R. Rehahn, 29.11.2023 & 07.03.2024
Nachtrag
Dies soll keine psychologische Abhandlung sein, sondern eher ein aus der Erfahrung des eigenen Daseins abgeleiteter Versuch zu helfen. Das bitte ich beim Lesen zu beachten. Falls es Psychologen gibt, die etwas im Text finden das bedenklich erscheint oder etwas anfügen möchten, so bitte ich um einen persönlichen Kommentar, um mögliche Gefahren auszuschließen.
Vielen Dank!
Der Autor…