Ein Tempelbesuch vor dem Jahresende
Vor dem Jahreswechsel, vor dem Abschied vom Leben im Jahr, steht immer der schwere Gang in einen Tempel in Yokohama an.
Hier folge ich dem mir vorgelebten Pfad des Gebets zu den Ahnen, mit Blumen als Opfergaben, und einem Mantra in der großen Gebetshalle seit der Trauerzeit allein, jedoch im Geiste gemeinsam, wie seit den Tagen der Anfangszeit.
Ein tiefes Gespräch mit einem der Priester des Tempels beschließt Tempelbesuch oft, über die Jahre zu einem Quell des Trostes, dee Einsicht und Erkenntnis geworden.
Hierbei kommt es zu vielerlei Themen:
Der Trauer, leider muss ich sagen, denn seine Nichtexistenz und damit das Leben meiner Lieben, würde ich eher der Gegenwart vorziehen, auch wenn diese Gedanken ein unmögliches Unterfangen darstellen, den Gemeinsamkeiten und Unterschieden zwischen dem Buddhismus und Christentum, die sich wunderbarerweise tatsächlich eher ähneln, und anderen existenziellen Aspekten des Daseins, des Glaubens und dem Kreislauf des Lebens.
Heute sprachen wir von die Meditation und der Schaffung eines Raumes in sich selbst, um Distanz vom Leben zu gewinnen, ohne tatsächlich entfernt zu sein.
Dies ähnelt Gedanken aus der Jugend, die ich einem Mantra gleich lebte und die besagten:
»Sich dem Leben entfernen, um ihm näher zu sein.«, worin ein Schlüssel für das Sein darstellt.
Denn dieses Entrücktsein sollte nicht dem Selbstzweck diesen. Wir sehen, dass die Heiligen, die Geistigen, selbst Buddha Shakyamuni und Jesus Christus, den Menschen und dem Leben näher waren als jedes andere Wesen in der Existenz und seit der Schöpfung. Das Leid des Existenz des Menschen erkennend und das Mitgefühl für sie entfachend.
In der Komplexität des irdischen Daseins verliert man oft jegliche Empfindung für das Ganze, weil man im Strome all der Schwierigkeiten, Freuden und allem dazwischen mitgerissen wird und zuschanden kommt.
Der Blick von außen auf die Geschehnisse, die betroffenen Menschen und sich selbst, der Hauch von Objektivität und Bewusstsein hilft in vielerlei Hinsicht.
Das sich herausnehmen gleicht dem Erblicken des Waldes, den man zuvor vor lauten Bäumen nicht sehen konnte, ist existenziell.
Dass man deshalb nicht über den Dingen steht oder sich selbst überhöht, kalt und unbarmherzig im Distanz zum Leben und den Menschen steht, ist bedeutsam.
Wahre Meditation bedeutet tatsächlich, dass innere wie äußere Nähe und Ferne sich ausbalancieren.
Dieses Verständnis ist essenziell für das Dasein. Und auch wenn wir instinktiv häufig dem Weg des Herausnehmens folgen, vergessen wir leider zu häufig Empathie und Mitgefühl.
Natürlich ist dieses Thema zu tiefgründig als nur kurz angerissen zu werden.
Davon zu wissen und es tatsächlich zu verstehen und zu empfinden, sind auch wieder unterschiedliche Dinge.
Denn die Schicksale im Leben wiederholen sich ständig, so als ob man ähnliche Aufgaben, Situationen und Menschen immer wieder meistern muss. Nur wir selbst sind in der Lage uns zu ändern, aber auch das wahrscheinlich nur bedingt.
Alle Energien sind dafür geschaffen umgewandelt zu werden.
Es ist meistens schwer das zu begreifen.
Und allein aus einer gewissen Distanz und Perspektive heraus möglich.
Der Tempelbesuch ist stets voller Trauer und Verzweiflung über den Verlust. Hier auch Trost, ein offenes Ohr und Erkenntnis zu finden, dafür bin ich dankbar.
R. Rehahn, 21.12.2023