Die Zeichen auf dem Weg

Von weiser Vorausschau und inniger Zweisamkeit

Das Leben macht im Augenblick, da es sich vor uns entfaltet, nicht immer einen vollkommenen Sinn, aber wenn es von der Gegenwart in die Vergangenheit gedacht wird, eröffnen sich oftmals ungeahnte Pfade und der Glaube an eine weise Vorausschau liegt nicht allzu ferne.

Nur sind wir nicht immer in der Lage dies auf eine solche Weise zu verstehen. Und wir hadern mit vielen Aspekten, Fragen und Ereignissen unseres Daseins, selbst rückwirkend und in der Erinnerung.

In der tiefen Trauer um den Verlust meiner geliebten Frau entfaltet sich sowohl eine Tiefe Sinn- und Lebenskrise, als auch der unerschütterliche und gefestigte Glauben daran, dass unsere Zweisamkeit selbst, die Antwort auf alle Fragen ist, die sich mir unweigerlich stellen.

Das Leben, unser gemeinsames Leben ist die Antwort auf alle Zweifel, Ängste, Sorgen und Nöte, als ob all dies bereits in weiser Vorausschau geschehen ist, ohne dass wir es wussten.

Kann ein Leben von der Gegenwart in die Vergangenheit gedacht und verstanden werden? Und wenn man von einer solchen weisen Vorausschau spricht, worin liegt diese und vor allem, wer war so weise und warum?

Ich glaube fest daran, dass wir als Menschen, wenn wir im natürlichen Lebensfluss existieren, mit der Ewigkeit verbunden sind und damit mit Kräften und Energien, die tatsächlich Gottes Werk darstellen und eine Harmonie unserer Existenz lässt diese frei fließen.

Die innige Zweisamkeit mit meiner Frau beweist dies und ist beileibe nicht der einzige Beweis für solch wundersame Zeichen auf dem Weg, obgleich sie sich in ihrer Kostbarkeit sowohl selten als auch mannigfach zeigen.

In der Verzweiflung des Einbruchs der Nacht in unser Leben war dies nicht gleich offensichtlich, in der Stille des Abschieds und Alleinseins jedoch überdeutlich.

Die Betrachtung der Zweisamkeit unseres Lebens, ist dabei sowohl heilsam, als auch erkenntnisreich. Die Zeichen vielfältig. Und das über die irdische Existenz hinaus, d.h. das Zusammensein hat nicht einfach aufgehört, sondern besteht fortan in anderer Form weiter.

Es stellt sich nun die Frage, ob der Mensch an sich, solchen Zeichen einfach nur Bedeutung beimisst oder diese Bedeutung existiert und wir deshalb in der Lage sind, ihnen diese beizumessen. Aber warum müssen sie sich beide ausschließen und können nicht gleichzeitig wahr sein?!

Allgemein betrachtet erscheint mir eine solche Sichtweise auf das Leben doch kostbarer, lohnender und tiefgründiger zu sein, fernab von Zufall, Willkür, Sinnlosigkeit und Zynismus.

Und dann bleibt eben die Tatsache der tiefen Bedeutung vieler, wenn nicht sogar aller Lebensaspekte der Vergangenheit.

Mein Leben scheint in weiser Voraussicht von meiner lieben Frau vorbereitet worden zu sein und weiterhin unterstützt. Ich fühle mich von ihr getragen und gefordert. Ihre Gaben und ihre Hinterlassenschaften weisen mir auch weiterhin den Weg, ohne es mir zu leicht zu machen, d.h. ohne meine Anstrengungen würden sie im Nichts verschwinden.

Und so ist es doch mit ihr genauso.

Unser beider Sein, in Stärken wie Schwächen, führte uns auf den gemeinsamen Weg, auf dem wir uns sowohl heilten, unterstützten und ergänzten. Für einander waren wir alles und die jeweiligen Bedürfnisse unseres Lebensweges wurden von uns im jeweiligen Sinne getragen.

Und nicht nur das:

Unsere Verbindung setzt sich fort, über die bloße irdische Existenz hinaus und beeinflusst die Leben aller um uns herum auf kostbare Weise.

Nicht nur in der Gegenwart, sondern auch in der Vergangenheit, so als ob das was im hier und jetzt geschieht, das frühere Leben beeinflusst und bereichert.

Es scheint ein kontinuierlicher Fluss zu sein, der nicht einfach nur einseitig und in eine Richtung verläuft, sondern in beiden Richtungen.

Das was wir in der Gegenwart tun, beeinflusst die Vergangenheit und Zukunft oder umgekehrt.

Der buddhistische Glaube meiner Frau beinhaltet einen Ahnenkult, in dem die Wertschätzung und Pflege der Altvorderen und deren Andenken, ihr Seelenheil anreichert.

Kann dasselbe nicht auch über die Vergangenheit gesagt werden?!

Das liebevolle Zusammensein meiner Frau und mir, die Liebe zwischen uns, der Respekt und die Wärme, der feste Glaube aneinander, die Freude und das Glück unseres Miteinanders, trotz oder gerade wegen der vielen Schwierigkeiten, Plagen und Entbehrungen im Leben, ist das was uns immer weiter zusammengeschweißt und innerlich gefestigt hat, bis in den gefestigten Glauben ineinander, der Halt, Zuversicht und Geborgenheit an der Schwelle zwischen Diesseits und Jenseits gab.

Und auf einen Weg darüber hinausführte, ohne Zweifel, aber in Liebe, wider aller Angst und Verzweiflung, um siegreich in der Schlacht um die Seele hervorzugehen.

Und all das was danach geschah!

Was wäre, wenn dies wiederum das oft unerklärliche Vertrauen in der Vergangenheit ineinander beeinflusst und genährt hat?!

Wir sehen all das was wir tun oft getrennt voneinander.

Aber die Zeit lehrt mich eine verändere Sichtweise.

Auch weil ich aktiv und unmittelbar die Wirkungen des Tuns in der Gegenwart sehe und erlebe, auf wundersame, fast unerklärliche Weise.

Eine wundersame Tatsache ist, meine Frau hat mich auf diesen jetzigen Weg vorbereitet, auf diese Weise fühlt es sich an, so bitter und auch traurig dies in den Überlegungen auch ist.

Alles was sie mir gezeigt, gelehrt und gesagt hat, ist bedeutungsvoll im Angesicht der damaligen Zeit, aber noch viel bedeutungsschwerer im Hinblick auf meine Zeit allein in der Welt:

Von ihrer Art zu denken, zu fühlen, ihrer Weisheit, die Zerrissenheit in mir zu heilen und meine Rastlosigkeit zu sänftigen, den Wegen in den Tempel, ihrer irdischen letzten Ruhestätte, der ihrer Mutter und ihres Großvaters, der Pflege des Grabes, des Hausaltars, die Rituale und Gesten, bis hin zur Fahrt zum Haus ihrer Großeltern, welches ihr sehr am Herzen lag und dessen Bewahrung in den letzten Jahren eine Mammutaufgabe durch schwere Gewässer und Gefahren hindurch darstellte, und nun tatsächlich und langsam Wahrheit wird.

Das alles und mehr hat immer Sinn gemacht und gewinnt noch an Bedeutung, nachdem ich ohne sie, obgleich in dieser Welt, weitergehen muss.

Und nicht nur für mich, sondern für alle die in ihrer Schönheit und lichtvolles Seligkeit wandeln durften und denen ihre Gaben einen Sinn ergeben.

Wenn die Liebe alle Ängste, Zweifel und Verfehlungen überbrücken kann und einen tiefen Glauben nährt, der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft transzendiert, dann kann darin nur die Ewigkeit Gottes, das Verständnis unserer Seelen und die Verbindung mit den kosmischen Strömen liegen.

In der letzten Zeit sehe ich auch die Verbindung des Karmas oder Seelenreichtums in diesem Sinne und komme nicht umhin, voller Erstaunen weiter in die Tiefem solcher Weisheit zu blicken und zu versuchen Erkenntnis und Klarheit zu beleuchten.

Und die Existenz von Energien in diesem Sinne näher zu begreifen.

Energien die nähren, zeitlos und allumfassend.

Deshalb bin ich dankbar und versuche, die Aufgaben auf diesem Weg voller Liebe und Hingabe zu erfüllen.

Ich spüre, dass meine Frau stets bei mir ist. Und auch die Ahnen der Familie… Die Verbindung ist lebendig zwischen uns, zwischen den Welten, durch sie hindurch und über sie hinweg. Heilung, Nahrung und Geborgenheit geht von ihr aus und erfüllt mich ganz. In der Stille meines Daseins spüren ich ihre Gegenwart.

Die Zeichen auf dem Weg sind, wie ein feiner, weicher Stoff der Zweisamkeit, mit Goldfäden durchwirkt, die voller Weisheit in die Zukunft vorausschauen, in die Vergangenheit zurückblicken und in der Gegenwart lebendig sind.

R. Rehahn, 09.05., 30.06. & 07.07. 2023