Die Kraft der Perspektive

Von der Stärkung des Selbstbewusstseins durch eine andere Sichtweise

Durch die tiefen Ängste und schweren Lähmungen dieser Tage, die zu einem Dasein in strikter Isolation und Abgeschiedenheit zwingen, schwindet auch die Schaffenskraft, Zweifel mehren sich und der Blick ist einmal mehr und verstärkt auf die sich ausbreitende Finsternis gerichtet.

Die lichten Rufe sind wieder leiser bis schweigend still geworden, die Einsamkeit wächst mit jedem Tag, doch die Kraft zu erwidern ist kaum vorhanden, weil mit allem eine tiefe Furcht verbunden ist.“

Die Zweisamkeit wird zum Alltag, die kleine Welt ist immerhin beständig, wenn auch ereignislos, was angesichts der Schwere der Tage jedoch auch ein Segen ist, begann das Jahr doch Höllengleich in herzzerreißendem Kummer.

„In einem tobenden Feuersturm & Regen aus Asche, mussten wir auf glühenden Kohlen durch brennende Wälder gehen und selbst nachdem sich der düstere Himmel ein wenig aufklärte, ist ja die drohende Gefahr nicht wirklich ausgestanden.“

Es bleiben wenige Freuden und sie beschränken sich auf den Alltag, kleine Dinge, was aber auch eine schöne Sache ist. Schöpferisch ist quasi alles zum Erliegen gekommen.

Das eigene, innere Drangsal hat diesen Weg ja bereits vorbereitet und nun hat er sich in seiner Destruktivität bleiern und endgültig wie ein schwerer Schleier über mein Leben gelegt. Da ist vieles zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt falsch gelaufen. Was ich damit meine ist, mit dem heutigen Wissen hätte ich manche Entwicklung des letzten Jahres was das Schaffen angeht, sicher stärker versucht daran festzuhalten. Doch es ist zu spät, einmal abgebogen und von Pfad abgekommen, kehrt man nicht so einfach auf denselben, für einen ausgetretenen Pfad zurück. Es ist wie es ist.

Gerade in einer harten Situation wie dieser, brauche ich allerdings, mehr denn je die Kunst, wie ich schon im letzten Eintrag schrieb. Und vor allem ein Werk, dem ich mich mit aller Kraft widmen kann, schon um der eigenen geistigen wie körperlichen Gesundheit willen und der gerade jetzt so bedeutsamen Kraft, Hoffnung & Stärke die gebraucht wird.

Da ist es umso schmerzlicher, wenn die eine Sache, die mich aktuell in Atem hält, so auf Widerstand und Ablehnung stößt, weil die verknüpften Themen und Inhalte verfemt, verdrängt, missbilligt, ja verhasst in der Familie, in meinem Umfeld und in der Gesellschaft sind. Obwohl sie doch so unglaublich wichtig für Kultur, Leben, Identität, die Heimat und deren Zukunft sind.

Weil jedes Gespräch von Vornherein abgelehnt und niedergeschmettert wird, fallen dann in großer Unkenntnis durch Desinteresse darüber, dass dieses „Projekt“ bereits mehr als im Gange ist, auch schon mal Sätze wie:

„Warum ist Dir das so wichtig?! Du musst da positiver herangehen. Mache doch ein Theaterstück oder etwas Kunstvolles aus Deinen Gedanken, und so weiter und so fort.“

Hiermit zeigt sich auch, neben der Ignoranz zu fragen, was in der Richtung denn bereits getan wird oder geschafft wurde, die Unwissenheit darüber wie Kunst entsteht oder wenigstens, wie sie bei mir entsteht, was sie benötigt und vor allem was das „Werk“ selbst braucht. Das ist bei jedem Werk anders und es lässt sich auch nicht recht erzwingen, jedenfalls nicht für mich.

„Ich muss in die Stille hören, anfangen zu arbeiten, schreiben, kleine Realisierungen von Aspekten des Werkes sehen, um weiter dranbleiben zu können.

Gut, dass trotz der Schwierigkeit des Themas nicht alle abgeneigt sind und weiterhin bei der Verwirklichung helfen, was absolut notwendig ist, denn allein lässt sich nahezu gar nichts realisieren.“

Die Arbeit hat sich in den letzten Tagen intensiviert, durch viele Details, aber auch der Entscheidung mehr aus allem zu machen.

Heute kam mir dann ein Gedanke, eine mächtige Eingebung, die meinen Blick auf alles verschob, da sich die Perspektive, trotz bereits vorhandenen Wissens, auch emotional erweiterte.

»Ich schreibe und arbeite an einem größeren Werk!«, dachte ich bei mir.

Und empfand nahezu zeitnah eine intensive Welle der Stärke meines Selbstbewusstseins, was dieses Wirken betraf.

In den vergangenen Wochen habe ich geschrieben, recherchiert, Bildmaterial gesammelt und geschaffen - alles für dieses „Projekt“, welches eine andere Herangehensweise benötigt, als alles was ich bisher geschaffen habe. Vor allem weil es sich am bitteren Zeitgeschehen orientiert.

»Ich schreibe ein Buch oder schaffe ein größeres Werk! Exakt das ist es.«

Was auch immer daraus wird, ist weniger von Bedeutung, da man nicht bei jeder Idee mit absoluter Gewissheit von einem Gelingen ausgehen kann. Ganz besonders wenn es so aufzehrend, verhasst und zunehmend gefährlich ist.

Was ich heute aus dieser Eingebung mitgeben möchte, ist die wichtige Änderung der Perspektive auf die Dinge unseres Lebens und unser Selbst, die zwar in alle Richtungen gehen könnte, jedoch gewiss gewinnbringend für uns sein kann.

Für mich wuchs daraus eine neue Stärke, ein verändertes Selbstbewusstsein und die Gewissheit, dass es weitergeht auf dem Weg. Wir wissen nicht wo es hingehen mag, aber wir sollten immer etwas tun, unsere Zeit nutzen, voranschreiten und schauen wohin wir geführt werden.

Eine andere, neue und hoffnungsvolle Sichtweise kann dieselbe Sache plötzlich und unerwartet illuminieren, verständlicher machen und in ungeahnte Richtungen lenken.

RR, 22.07.2019